"Und ich sehe nichts, nichts als Malerei"
R. Berger



Inhalt





II. Schöpfungstheologie: Der Umgang der Theologie mit der Natur



2. Schöpfungstheologie in Glauben und Lehre der Kirche

2.1 Standortbestimmung der Schöpfungstheologie

2.1.1 Biblische Grundlegung durch das AT

2.1.1.1 Zusammenfassende Darstellung biblischer Schöpfungstheologie

2.1.1.2 Literarische Verarbeitung schöpfungstheologischen Gedankenguts

2.1.1.2.1 Die alttestamentlichen Schöpfungsberichte

2.1.1.2.2 Die Psalmen

2.1.1.2.3 Verarbeitung alttestamentlicher Natursymbolik in den Psalmen

2.1.1.3 Natursymbol: Die verweisende Kraft der Natur

2.1.2 Innertheologische Abgrenzung in ihrer geschichtlichen Entwicklung

2.1.3 Interdisziplinäre Abgrenzung als Folge der geschichtlichen Entwicklung: Schöpfungstheologie im Diskurs mit den Naturwissenschaften

2.1.3.1 Der Mensch in der Natur: Anthropologische Überlegungen

2.1.3.2 Schöpfungstheologie der Gegenwart: Plädoyer für eine ökologische Theologie

2.1.3.2.1 Grundaussagen der ökologischen Theologie

2.1.3.2.2 Physikotheologie: Erste Ansätze einer ökologischen Theologie

2.1.3.2.3 Zu einer theologischen Ästhetik der Natur

2.1.3.2.4 Ökologische Theologie und Kunst

3. Rückschau und Vorschau


III. Landschaftsmalerei: Der Umgang der Kunst mit der Natur

1. Einleitung

2. Natur als Landschaft: Begriffliche Bestimmung der Landschaft

3. Die anthropologische Bedeutung der Landschaft als existenzieller Ort der Landschaftsmalerei

3. l Physiognomie der Landschaft

3.2 Der landschaftliche Raum

3.2.1 Ausdruckswerte des Landschaftsraumes

3.2.1.1 Zur kunstphilosophischen Ästhetik der Natur

3.2.1.2 Allgemeine Überlegungen zur Landschaftsbildanalyse

3.2.2 Betrachtungsformen des Landschaftsraumes

3.2.2.1 Kontemplative Raumerfahrung und Transzendenz: Von der physischen Raumerfahrung zur metaphysischen Raumvorstellung

3.2.2.2 Der symbolische Deutungsweg in der Landschaftsrezeption

3.2.2.3 Entwurf praktischer Konsequenzen für die künstlerische Umsetzung

4. Weitere Gedanken zur Philosophie der Landschaft

5. Landschaftsmalerei als Umgang des Menschen mit der Natur

5.1 Geschichtlicher Abriss: Stationen der Landschaftsrezeption

5.2 Höhepunkt der Landschaftsrezeption am Beispiel der romantischen Symbollandschaft


6. Zusammenfassende Reflexion


IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines Interdisziplinären Dialogs eine Auswertung






1.2 Rezeptionsformen








V Literaturverzeichnis











I. Vorwort


Zur Motivation

Das von der geisteswissenschaftlichen Forschung im Bereich der Kulturtheorie oder der theologischen Ästhetik in diesem Sinn noch nicht erfasste Thema dieser Staatsarbeit "Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei: Versuch eines interdisziplinären Dialogs" mag zunächst ungewöhnlich anmuten, hat aber einen ganz konkreten lebensgeschichtlichen Hintergrund, aus dem die Berechtigung der Fragestellung als interdisziplinärer Übergriff erwächst: Dieses Forschungsthema entspringt der geistig-geistlichen Auseinandersetzung im Vollzug meiner eigenen künstlerischen Tätigkeit, da ich mich über Jahre hinweg intensiv mit der Landschaftsmalerei als künstlerische Umsetzung des eigenen Natur- und Landschaftserlebens gewidmet habe. im Zuge dieses künstlerischen Prozesses stellte sich die Frage nach den ideologischen, vielleicht sogar religiösen Hintergründen der Landschaftsmalerei im allgemeinen, wie auch konkret nach der Motivation meiner eigenen künstlerischen Auseinandersetzung mit den Motiven der Natur.

Entsprechend den von mir studierten Fachrichtungen Kunst und katholische Theologie bot es sich an, von der Theologie her nach einem geisteswissenschaftlichen Zugang zur Landschaftsmalerei zu suchen bzw. den von mir durch eigenes künstlerisches Tun gefundenen Zugang zu vertiefen und wissenschaftlich zu rechtfertigen.












II. Schöpfungstheologie: Der Umgang der Theologie mit der Natur


1. Einleitung

Im Hinblick auf die fachübergreifende Ausrichtung dieser Arbeit bedarf es zunächst einer innertheologischen Standortbestimmung, um die unterschiedlichen Tendenzen und Ansätze in der Schöpfungstheologie voneinander abzugrenzen. Entscheidend im Zusammenhang dieser Arbeit ist eine theologische Argumentationsstruktur, die sich offen zeigt für eine Ergänzung durch andere Fachgebiete, die sich mit dem Phänomen "Natur" und ihrer Wirkung auf den Menschen befassen.

Es geht also nicht um die innertheologischen Spekulationen einer Schöpfungstheologie, die in ihrem Denken rein ontologisch-scholastisch orientiert ist, sondern gefragt ist eine Schöpfungstheologie, die die Natur als Schöpfung in einen großen Zusammenhang stellt, der interdisziplinär von Bedeutung ist und durch verschiedene Ansätze des Fragens angegangen und erschlossen werden kann.

Nur auf diesem Wege wird es möglich sein. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei miteinander in Verbindung zu bringen und eine gemeinsame Basis in ihrem jeweiligen Zugang zur Natur herauszuarbeiten. In diesem Sinne geht der interdisziplinären Untersuchung des Zugangs zur und Umgangs mit der Natur eine innertheologische Standortbestimmung vorweg, um eine Grundlage zu finden, von der aus eine fachübergreifende Einigung möglich ist.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1. Ebenen der Dialogmöglichkeit

In diesem Abschnitt der Arbeit werden die Ergebnisse der beiden vorausgehenden Abhandlungen aufeinander bezogen: Es geht darum, die Bezugspunkte zueinander herauszustellen und die Intensität ihrer Äquivalenz der natur- bzw. landschaftsrezeptorischen Ansätze beider Disziplinen zu bestimmen.

Im Laufe der Erarbeitung der fächerspezifischen Zugänge zur Natur und ihrer Landschaft haben sich Übereinstimmungen ergeben, die sich auf einzelne Stichworte und Grundprinzipien reduzieren lassen. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte geschieht eine Zusammenführung der beiden Disziplinen und eine Diskussion ihrer Berührungspunkte.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.1 Anthropologie

In beiden Disziplinen, in der Schöpfungstheologie wie in der Landschaftsmalerei, geht es nicht nur um den autonomen Eigenwert der Natur - das entspricht dem Ansatz der Ästhetik -, sondern letztlich um eine Frage nach der Beziehung des Menschen zu ihr, um die existentielle Bedeutung der Natur für den Menschen.

Die Kunst im Allgemeinen und die Landschaftsmalerei im Speziellen thematisieren zu einein großen Teil die Darstellung des Beziehungsgefüges Mensch - Umwelt. Die Landschaftsmalerei gibt darüber in einer besonderen und spezialisierten Form Auskunft, die sich auch grundsätzlich offen zeigt für eine Einbindung schöpfungstheologischer Anschauungen.

In der Theologie wurden diese Fragen der Einbindung des Menschen in die Natur etwas zurückgedrängt zugunsten einer zunehmenden Konzentrierung auf das rein geistige Leben im Menschen. Dennoch gab es immer auch die Schöpfungstheologie, die sich nicht nur mit einer Einordnung der Natur in das System des Glaubens befasste, sondern auch mit der existentiellen Bedeutung dieser für den Menschen. In der neueren Schöpfungstheologie, die sich ökologische Theologie nennt, erfährt die Perspektive Mensch - Natur eine zunehmend ganzheitliche Einordnung, die die Grundhaltungen der Kunst mit einbezieht und sich durch sie bereichern lässt. Hier handelt es sich um menschliche Wahrnehmungshaltungen der Kontemplation und des Symboldenkens, die das Verhältnis des Menschen zur Wirklichkeit bestimmen. In der christlichen Anthropologie spielt die Transzendenz als Deutungshintergrund eine zentrale Rolle. Diese Perspektive ist der Kunst nicht notwendig zu eigen. Dennoch zeigt sie sich von der Analyse der kunstrelevanten anthropologischen Grundstrukturen her grundsätzlich offen für eine transzendente Deutung, da auch sie wie die Theologie zu einer Ableitung des Transzendenten aus den materiellen Gegebenheiten fähig sind.












VI. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.1.1 Kreativität

Die menschliche Kreativität ist ein anthropologischer Aspekt, der beide Disziplinen, die Theologie und die Kunst, betrifft. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Kreativität nur von der theologischen Seite her angegangen: Ein wirklich interdisziplinärer Dialog, der von den Grundlagen der Theologie wie der Kunst ausgeht, führt letztlich in die Auseinandersetzung von Kunst und Kirche im allgemeinen, was sich aber als einen für diese Arbeit zu umfangreichen Diskussionspunkt erwies.

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Abhandlung zur ökologischen Theologie und Kunst bereits darstellt, in welcher Hinsicht ein weiteres Gespräch zwischen Theologie und Kunst im Allgemeinen bzw. zwischen Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei im Konkreten erfolgen könnte. Es muss betont werden, dass es hier der Theologie gelingt, in ihren Reflexionen zur Schöpfung die Kunst ins Gespräch zu bringen. Wiederum ist es die Veröffentlichung von ALTNER zur ökologischen Theologie, die diesen ganzheitlichen, weil fachübergreifenden Weg geht, indem sie den Zusammenhang von Schöpfungstheologie und Kunst explizit anspricht. Dieses ist der einzige Aspekt, der in der theologischen Literatur interdisziplinär im Hinblick auf die Kunst angegangen wird. Bei allen weiteren, in diesem Rahmen herausgearbeiteten schöpfungstheologischen Thesen steht ihre Hinordnung auf die Kunst von Seiten der Theologie noch aus.

Die Ausführungen des Kapitels zur ökologischen Theologie und Kunst seien hier noch einmal komprimiert zusammengefasst:

In der Landschaftsmalerei verdichtet sich die Schöpfungstheologie auf vielfache Weise: Sie zeigt eine Verdichtung kreativer Kräfte insofern, als dass sie zum einen die schöpferische Kreativität Gottes, die sich in der Natur ereignet, bildhaft versprachlicht. Zum anderen gibt die Landschaftsmalerei als Kunstwerk ein Zeugnis von der kreativen Kraft des Menschen, der ja wiederum gerade auch mit dieser Fähigkeit ein Zeugnis der Kreativität seines Schöpfers ist. Landschaftsmalerei hat also Schöpfung im umfassenden Sinne zum Thema: Sie thematisiert Schöpfung durch die von ihr bildlich dargestellte Natur wie durch sich selbst als Kreation des Menschen als Geschöpf Gottes, in dem sich eine Urkraft an Kreativität im künstlerischen Schaffensprozess ereignet.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.1.2 Ästhetik

Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei fragen nach dem objektiven Eigenwert der Natur, nach einer Ästhetik dieser, die eben dadurch die Aufmerksamkeit des Menschen auf sich lenkt. Den Gleichklang des Interesses verdeutlichen schon die in beiden Kapiteln vorhandenen Abhandlungen zur theologischen und zur kunst-philosophischen Ästhetik.

Beide Disziplinen sprechen der Natur einen ästhetischen Eigenwert zu, der objektiv und autonom ist. Vertreter dieser objektiven Ästhetik definieren aus den verschiedensten Ansätzen heraus Gesetze der Schönheit und deren Wirkung auf den Menschen, die sich in Wahrnehmungsgesetzen ausdrücken.

Dem Wesen der Theologie entspricht es, dass sie die zunächst objektive Ästhetik auf einen transzendenten Urgrund bezieht. Diesen Weg geht die Kunst zunächst nicht, sondern sie bleibt aus sich heraus auf einer profanen Arbeitsebene. Ihre Erkenntnisse zeigen sich aber:

zugänglich für theologisches Denken, z.B. im Hinblick auf eine Veränderung der Sehgewohnheiten, wie sie ALTNER in seiner "Ökologischen Theologie" entwirft. Hier könnte die kunsttheoretische Forschung, aber auch das praktische Tun in der Kunst eine Bereicherung des theologischen Denkens darstellen. Beiden Disziplinen gemeinsam ist eine vom Utilitarismus losgelöste Wertschätzung der Natur, die den Blick befreit für eine ganzheitliche Einordnung der Natur, d.h. sie verstehen sich in ihren vielfältigen Bezügen nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine transzendente Zuordnung.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.2.1 Kontemplative Wahrnehmungshaltung

Die kontemplative Wahrnehmungshaltung meint in der Kunsttheorie eine Haltung des Geistes wie auch eine bestimmte Anschauungsweise.

In der Theologie hat die Kontemplation eine lange Tradition. Allerdings bezieht sie sich ausschließlich auf eine Haltung des Geistes, losgelöst von einer an die materielle Realität gebundene Anschauung als Weg der Hinwendung zum Göttlichen. Da Kontemplation als bildlose Schau der uns umgreifenden Wirklichkeit verstanden wird, schiebt man dem Sehen eine die Kontemplation störende Funktion zu und verweist sie damit aus dieser höchsten spirituellen Haltung des Betens.

Die Kunst gelangt zu der kontemplativen Haltung gerade über das Schauen und vermag auch sehend in der Kontemplation zu verweilen ohne Verlust dieser Haltung. Dieses sollte für die Theologie vorbildlich sein im Hinblick auf eine Wertschätzung und ein Einbeziehen der Sinneswahrnehmungen, besonders des Sehens, in den spirituellen Prozess. Im Hinblick auf die theologische Naturrezeption bedeutet das: Im Sehen liegt der Weg und die Chance, Natur und Landschaft als sinnenfällige Offenbarung göttlicher Gegenwart zu erleben.

Eine wohl einzigartige Annäherung von selten der Theologie an das kontemplative Schauen der Kunst gehen VAN DER GRINTEN und MENNEKES mit ihrer Veröffentlichung zum Verhältnis der Kirche zur modernen Kunst: Hier verbinden sie die geistliche Kontemplation mit der schauenden Kontemplation über den künstlerischen Weg der Abstraktion.

Die Schöpfungstheologie hat bislang noch nicht die Bedeutung der Kontemplation für ein von der Religion getragenes Verhältnis zur Schöpfung erkannt. Hierin kann sie von der Kunst lernen, dass sie gerade auf diesem Weg der Natur als Schöpfung Gottes gerecht wird, da das kontemplative Schauen der Natur dieser die höchstmögliche Achtung ihres Soseins entgegenzubringen vermag.

So gesehen müsste die kontemplativ begründete Schöpfungstheologie als schauende Theologie der Natur zu einer Wertschätzung verhelfen, die ihr im tiefsten Sinn, d.h.. im Hinblick auf ihren transzendenten Urgrund hin nahe kommt. Diese so getragene Schöpfungstheologie versteht die Natur ganzheitlich im umfassendsten Sinn, d.h. in einer Zusammenschau des Irdischen und Transzendenten.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.2.2 Symbolischer Deutungsweg

Das Symboldenken ist eine der Schöpfungstheologie wie der Kunst und auch der Landschaftsmalerei gemeinsam bekannte Wahrnehmungs- und Denkstruktur.

Die Schöpfungstheologie verweist auf das Symbol denken, das den Umgang besonders des alttestamentlichen Menschen mit der Natur gestalten und verarbeiten hilft. Es ist mit dem mythischen Denken eng verwandt (281) und letztlich Garant für einen ethischen Umgang mit der Natur. Diese symbolische Naturrezeption hat sich literarisch niedergeschlagen, wie die Schriften des AT beweisen. Fern von jeder naturwissenschaftlichen Beweisführung repräsentieren sie ein Naturverständnis, das die Natur in ihrer Ganzheit belässt, sie aber dennoch in das Leben des Menschen unverbrüchlich einbezieht.

In dem alttestamentlichen symbolischen Schöpfungsverständnis verbinden sich Irdisches und Transzendentes: Die Natur wird irdisch intensiv erlebt und nicht aus den Lebenszusammenhängen des Menschen verbannt, gleichzeitig wird sie auch gesehen als Metapher eines größeren, überirdischen Zusammenhangs. Natur wird zu einem Symbol für irdisches und überirdisches Leben, wie die zahlreichen Natursymbole in den Psalmen zeigen. Damit gibt die alttestamentliche Schöpfungstheologie Zeugnis von einer sehr intensiv erlebten Wahrnehmung des landschaftlichen Raumes, vergleichbar mit den von der Geographie und der Kunsttheorie gemachten Untersuchungen zur Physiognomie und zu den ästhetischen Raumwerten der Landschaft. Sprechend für das alttestamentliche intensive Raumerleben ist der häufige Gebrauch der Himmelsmetapher, die in bezug zum irdischen Raum gesetzt wird. Das Erleben dieser räumlichen Weite erhält eine stark transzendierende Kraft. Der Himmelsraum weckt eine Idee von einem transzendenten Raum, er wird zu einem Attribut für Gott und seine Allgegenwart. (282) Im symbolischen Denken des alttestamentlichen Menschen wird das unmittelbar Gegebene zu einer Rückführung auf die Urphänomene.

Die Landschaftsmalerei steht dem in nichts nach: Die den Naturdingen innewohnenden objektiven ästhetischen Werte von Farbe und Form werden in ihren verweisenden Ausdrucksqualitäten erkannt und in Landschaftsmalereien, besonders in denen der Romantik, thematisiert.

Führend und in der Philosophie der Landschaft am radikalsten waren die romantischen Landschaftsmaler, für die Landschaftsmalerei zu einer Ideologie und zum Ausdruck einer Theologie wurde. In ihren Bildern vereinigen sich einzigartig Kunst und Schöpfungstheologie.



281) JAMME, Christof, Einführung in die Philosophie des Mythos, Bd. 2: Neuzeit, Darmstadt- 1991, 5.
282) JAMMER, Max, Concepts of Space. The History of Theories of Space in Physics, Cambridge/Massachusetts 1970, 28f.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


1.2.3 Ganzheitlichkeit als Rezeptionsergebnis

Die Untersuchung der verschiedenen Rezeptionsformen hat. den Blick immer wieder auf das zentrale Stichwort "Ganzheitlichkeit" gelenkt. Dieser Begriff wird in allen Disziplinen, die Natur und Landschaft rezipieren, zum Zielbegriff einer wahren Naturrezeption, die am umfassendsten die Wirklichkeit begreift und deshalb der Wahrheit am nächsten steht. Die Theologie wie die Philosophie und die Geographie sehen in einer ganzheitlichen Naturrezeption die einzige Chance für ein ethisch-ökologisch heilendes Umgehen mit der Natur, von welcher allein das gesamte irdische Leben abhängt. Die Natur in ihrer Ganzheit zu respektieren, bedeutet das Ernstnehmen all ihrer Qualitäten, bedeutet im Umgang mit ihr das Gleichgewicht ihrer Eigenschaften zu wahren, konkret: keine ausbeuterische Überbetonung des Utilitarismus, keine grenzenlose naturwissenschaftliche Forschung. All diese Ansätze sind separatistisch und xxxx bewirken notwendig ein Auseinander fallen der Einheit der Natur und ein Zerstören ihrer Autonomie.

Der ganzheitliche Blick für die Natur ist ein heilender und ein heillassender Blick. In ihm verbinden sich Weltimmanenz und Transzendenz.












IV. Schöpfungstheologie und Landschaftsmalerei. Versuch eines interdisziplinären Dialogs. Eine Auswertung


2. Quintessenz: Interdisziplinarität als Chance für die Schöpfungstheologie

Die Theologie kenne wohl eine lange Geschichte der Naturrezeption. Aber die Natur als Landschaftsraum wie auch der Begriff Landschaft ist in der Theologie kein Thema: Wenn sich auch im AT Züge einer Landschaftswahrnehmung zeigen, so kann dieses Thema vom Biblischen her wohl nur schwer angegangen werden. Dennoch liegen hier die Wurzeln eines ganzheitlichen und menschenwürdigen Naturverständnisses, das sich aber nur schlecht einer konkreten Landschaftsmalerei zuordnen lässt.

In der Landschaftsphilosophie der Romantik befindet sich jedoch ein Anknüpfungspunkt, der im Zuge der theologisch gedeuteten Ökologie eine bereichernde Perspektive darstellen könnte.

Insgesamt bietet die Kunst der Theologie viele Möglichkeiten, ihren Zugang zur Natur als Gottes Schöpfung zu vertiefen. Aus den vorhergegangenen Reflexionen ergibt sich abschließend eine Konsequenz für die Theologie:

Das interdisziplinäre Gespräch birgt für die Theologie eine Chance in sich, der Natur als Schöpfung ein Stück gerechter zu werden und der Wahrheit näher zu kommen. Die Chance liegt in einer Erweiterung des Blickes für die Natur und in einer Ergänzung der Zugebensweisen zu ihr. Auf diesem Weg kann sie von anderen Disziplinen lernen, wenn sie den Weg der Abgrenzung aufgibt, wie einige wenige neuere Veröffentlichungen bereits beweisen (vgl. ALTNER, GRINTEN/MENNEKES oder auch die Veröffentlichungen der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema "Kunst und Kultur in der theologischen Aus- und Fortbildung" (283).

Am Ende dieser Reflexionen steht die Einsicht, dass gerade Theologie und moderne Kunst nicht notwendig eine gegensätzliche Wirklichkeitsdeutung betreiben, sondern dass sie unterschiedliche Ausdrucksformen ein und desselben Weges darstellen mit dem Ziel eines tieferen Erlebens und Begreifens der Wirklichkeit, in dieser Hinsicht können beide Disziplinen voneinander lernen. Gerade aber auch die Theologie sollte sich durch die Ansätze der Kunst bereichern lassen und speziell die Sinneswahrnehmung des Sehens in ihr theologisches Repertoire der Glaubensverkündigung und des spirituellen Lebens aus dem Glauben in ihrer eigenständigen Qualität anerkennen.


283) Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Kunst und Kultur in der theologischen Aus- und Fortbildung, Bonn 1993
(= Arbeitshilfen 115).